Seit fast 20 Jahren wird am 21.Februar der Internationale Tag der Muttersprache zelebriert. Laut Einschätzungen von der UNESCO werden weltweit rund 6.000 Sprachen gesprochen, von denen die Hälfte vom Verschwinden bedroht ist.
Ich bin in Brasilien geboren und nenne meine Mutter „Mami“ statt „mamãe“. „Spätzle“, „Schnitzel“, „Kartoffelsalat“ und gutes „Schwarzbrot“ gehörten zu meiner gewöhnlichen Ernährung. Außerdem bezauberte ich die Erwachsenen, als ich „Alle meine Entchen“ sang. Deutsch ist die Muttersprache meiner Eltern. Was für die Gemeinschaft vielleicht exotisch war, war für mich selbstverständlich. Genauso wie Weihnachtsplätzchen im Sommer zu backen und Ostereier zu malen. Es war alles richtig so. Es gehörte dazu, auch wenn das alles in Brasilien nicht üblich war. Es war ein Teil meiner Kultur. Ein wichtiger Teil meiner Identität.
In Deutschland leben 190 Nationen zusammen. Darunter auch Tausende von Brasilianern, denen ich mich einschließe. Heute bringe ich meinen Kindern meine Muttersprache bei: Portugiesisch. Die Kleinen nennen mich „mamãe“, essen „arroz com feijão“ (Reis mit Bohneneintopf) und feiern ihre Geburtstage mit „brigadeiro“ (Schokoladenpralinen aus Kondensmilch). Es sind viele Geschichten, Erinnerungen und Erlebnisse, die ich mit ihnen unbedingt teilen möchte. Wenn wir uns auf Portugiesisch unterhalten, bringe ich ihnen ein Stückchen meiner (ersten) Heimat näher. Außerdem gebe ich ihnen die Möglichkeit, sich mit ihren Verwandten zu unterhalten, an einem wichtigen Teil meines Lebens teilzuhaben und dazuzugehören. Die Sprache verbindet uns in einer sehr emotionalen Art und Weise.
Ich bin meinen Eltern dankbar, dass sie nicht aufgegeben haben, und mir trotz aller Schwierigkeiten, Deutsch beigebracht haben. Das öffnete mir Türen, erweiterte mein Horizont, schenkte mir die Chance, zwei Kulturen zu erleben und die Vielfalt wertzuschätzen. Dabei lernte ich vor allem die Liebe in zwei Sprachen kennen und fühlte, dass ich einfach dazugehörte. Sowohl auf Portugiesisch als auch auf Deutsch. Was für ein kostbares Geschenk!
Am 21.Februar werden wir den Internationalen Tag der Muttersprache in München feiern. Auf Portugiesisch. Das Programm ist vielfältig, so wie die 180 Nationen die in dieser Stadt leben. An diesem Tag werde ich mit viel Sehnsucht, unendliche Liebe und großer Dankbarkeit an meine Eltern denken. Hier wiederum, auf Deutsch.
„Sprachliche und kulturelle Vielfalt repräsentieren universelle Werte, die Einheit und Zusammenhalt einer Gesellschaft stärken. Der Internationale Tag der Muttersprache erinnert an die Bedeutung des Kulturgutes Sprache. Er soll die Sprachenvielfalt und den Gebrauch der Muttersprache fördern und das Bewusstsein für sprachliche und kulturelle Traditionen stärken.“ (UNESCO)
